Echtzeit-Strategie Spiele gehören ja mittlerweile zu einer nahezu ausgestorbenen Sorte, denn abseits von Starcraft tut sich relativ wenig in diesem Genre. Legt man auch noch Wert auf tiefer gehende Taktik und Ansätze einer Simulation schaut man heutzutage quasi in die Röhre. Aber seit über 10 Jahren hält die Men Of War Serie (inkl. Faces of War) das Banner dieser verlorenen geglaubten Art von Spielen hoch. Men of War: Assault Sqaud 2 erfindet das Rad zwar nicht neu, aber baut die bereits vorhandenen Stärken weiter aus und bleibt dem Setting des zweiten Weltkriegs treu.
Das Strategie-Spiel erschien bereits im Mai diesen Jahres und durchlief eine längere Beta-Phase. Bereits angekündigt worden sind technische Verbesserungen der Engine (DX10 Support, bessere Shader- und Ressourcenverwaltung) und auch inhaltliche Updates wurden angekündigt – was auch nötigt ist, mehr dazu aber später im Test. Entwickelt wurde das ganze vom deutschen Entwickler DigitalMindsoft und nicht mehr beim ursprünglichen Erfinder der Serie. Ob das Spiel überzeugt und ob es schlicht ein etwas besseres Addon ist klären wir heute im Test.
Stellungskämpfe, fummelige Feinarbeit und Sound
Mein kommandierender deutscher Offizier gibt mir den Befehl, die erste Verteidigungslinie der amerikanischen Truppen einzunehmen. Sollte mir das gelingen und ich den Kontrollpunkt übernehmen und halten stellt mir das Oberkommando gepanzerte mobile Einheiten zur Verfügung, um die dahinter liegenden Linien ebenfalls zu erobern. Das Ziel ist gesetzt, die Truppen sind bereit also los geht es in dem Kampf!
Mein Trupp aus nur wenigen Männer bestehend macht sich also auf den Weg, um die hinter Sandsäcken und natürlichen Deckungen befindlichen Gegner auszuräuchern. Und schon fängt das Mikro-Management an, denn anders als bei der Konkurrenz von Company of Heroes 2 kann und muss man Einheiten einzeln bewegen in derartigen Situationen: ein kompletter Trupp von Soldaten hat einfach nicht genug Platz, um hinter einem einzelnen Stein in Deckung zu gehen. Und Soldaten ohne Deckung sterben innerhalb von Sekunden im Feindfeuer, also muss man Soldaten einzeln ihre Positionen zuweisen. Netterweise zeigt das Spiel durch eine Silhouette an, ob der Soldat Deckung findet hinter einem Objekt und ober der dabei steht oder kniet. Alternativ kann man jeder einzelnen Einheit noch zuweisen, ob sie sich stehend, kniend oder kriechend fortbewegen soll.
Das Feuergefecht beginnt, die Soldaten kauern hinter ihrer Deckung und feuern in regelmäßigen Abständen in Richtung des Gegners. Der Versuch den Gegner zu flankieren scheitert, da das gegnerische MG den todesmutigen Schützen entdeckte. Men of Wars: Assault Squad 2 versucht realistisch an die Sache heranzugehen: Ungedeckte Soldaten sind wie im echten Leben Kanonenfutter.
Nach einer Weile schaffe ich es einen Soldaten nahe genug ran zubringen, damit er eine Granate hinter die feindliche Sandsackstellung werfen kann. Die amerikanischen Truppen hechten davon, um der Explosion zu entgehen und dabei sind sie deckungslos. Meine Schützen mit ihren Karabinern machen darauf hin kurzen Prozess mit den Gegnern. Bis hierhin dauerte das kleine Scharmützel bereits 5 Minuten und der Raumgewinn betrug vielleicht 10 Meter. Einer meiner gefallenen Soldaten liegt blutend auf dem Boden; während sich der Rest des Trupps selbst heilt schicke ich meinen Sanitäter zu ihm, um ihn schnellstens zu verarzten, damit er weiterkämpfen kann. Warte ich zu lange, stirbt er.
Endlich kann ich einen kleineren Schützenpanzer rufen, der mit der gegnerischen Infanterie keine Probleme hat – und dabei einen höllischen Lärm verursacht beim Feuern. Der Sound des Spiels ist durchgehend in Ordnung. Geschütze und Fahrzeuge klingen realistisch und überall kracht und explodiert etwas. Soldaten kommentieren vereinzelt die Situation oder bitten um „Feuerschutz! Jetzt!“. Die Musik ist ebenfalls in Ordnung, jedoch wiederholt sie sich meiner Meinung nach recht schnell – dennoch ist sie stimmig und passt zum Setting. Alles in allem überzeugt der Sound, auch wenn er in keinem Gebiet sonderlich herausragt.
Was die Grafik angeht setzt Men of War: Assault Squad 2 zwar keine neuen Maßstäbe und sieht auch eine Idee schlechter aus, als andere Kollegen im Genre, aber dennoch braucht sich das Spiel nicht verstecken. Explosionen sehen schick aus, Mündungsfeuer wirkt überzeugend und getroffene Fahrzeuge fliegen in Einzelteilen durch die Gegend. Die Grafik ist hübsch, aber kein Kinnladen-Öffner. Jedoch ist das Spiel sehr hungrig nach Hardware, was man spätstens im Multiplayer bemerken wird.
Mikro-Management und physikalisch korrekte Zerstörung
Die erste Verteidigungslinie hält, also schnell einige Soldaten an die stationären MGs schicken, damit die sporadisch angreifenden US-Truppen nicht weiter vorrücken können. Mit dem Schützenpanzer beginnt nun der Vormarsch in Richtung der Stadt und schon geschieht es – ein Panzerabwehrgeschütz steht zwischen Gebüschen und wird zu spät von meiner Infanterie entdeckt (Jede Einheit hat einen eigenen Sichtradius, den man sich anzeigen lassen kann). Ein Schuss genügt und mein Schützenpanzer wird kritisch getroffen und auch mein leichter Panzer wird von einem zweiten Geschütz getroffen. Die Kette und der Trum wurden dabei beschädigt und funktionieren nicht mehr.
Und spätestens jetzt kommt der Zeitpunkt, an dem Feierabend-Generäle verzweifeln und Vollblut-Taktikern das Herz höher schlägt. Da man nur über begrenzte Ressourcen verfügt ist jedes Stück Material und jeder Soldat doppelt so viel Wert. Je nach Beschädigung kann man Fahrzeuge reparieren und dies war auch direkt mein nächster Plan. Also stelle ich sicher, dass meine Infanterie den Panzer deckt und per Scharfschütze schalte ich die beiden Panzerabwehrkanonen aus. Nun entsende ich die Panzerbesatzung und beginne mit der Reparatur unter Feindfeuer…dies nimmt einige Zeit in Anspruch. Mit einem weiteren Panzer beziehe ich Stellung in einem Haus, indem ich durch es hindurch fahre und somit meine Seiten geschützt sind.
In Men of War: Assault Squad 2 ist die Umgebung zerstörbar und das auf eine physikalisch beinahe korrekte Art. Nur der Teil des Hauses stürzt ein, durch den ich tatsächlich hindurch fahre. Schieße ich auf den Dachboden eines Hauses, wird auch genau dort eine aufgesprengte Lücke bleiben. Das sieht gut aus und hat sogar taktischen Sinn je nach Situation. Oder ich sprenge meinen Feinden einfach die Deckung weg. Es gibt viele Möglichkeiten.
Und schon passiert das nächste Unglück: meinen Soldaten geht die Munition aus. Nun stehe ich vor der Entscheidung, ob ich einen Nachschub-LKW voller Munition anfordere und damit wertvolle Ressourcenpunkte opfere, oder aber ob ich Waffen gefallener Soldaten aufhebe. Ähnlich wie in einem Rollenspiel besitzt jede Einheit ein eigenes Inventar – ErsteHilfeKasten, Helm, Muntion, Granaten, Sandsackbarrikaden, Treibstoff…alles belegt einen Inventarplatz. Jedoch wird dabei nicht das Gewicht simuliert. Fahrzeuge benötigen Sprit und ist dieser erschöpft, bleibt das Fahrzeug liegen. Soldaten haben Ausdauer und sobald diese verbraucht ist, können sie nicht mehr sprinten.
Leider fehlt es hier an Komfort, den man kann Fahrzeuge und Waffen nicht automatisch aufmunitionieren. Alles muss per Hand von einem ins andere Inventar verschoben werden. Jedoch bringt dies eine Menge Tiefgang mit sich, der mir persönlich in vielen anderen Strategietiteln fehlte und das Ausgehen von Munition kann eine Menge Spannung in die Gefechte bringen.
Das Squad Management bringt einen jedoch teilweise zum verzweifeln…mal wählt man eine einzelne Einheit per Klick auf das Symbol aus und mal das ganze Squad. Hier wünschte ich mir eine bessere, übersichtlichere und intuitivere Steuerung.
Generell sind die Gefechte eher realistisch angehaucht, was man allein schon an den Kampfentfernungen merkt. Sitzen sich Infanteristen in Company of Hereos beinahe schon auf dem Schoss beharkt man sich in Men of War: Assault Squad 2 teilweise über hunderte Meter. Vor allem die Panzer haben eine hohe Reichweite und wo wir gerade bei den Stahlkolossen sind: abhängig von Panzerung und Schusswinkel wird der Schaden der Panzerabwehr-Geschosse simuliert. Wer also mit einem leichten Panzer auf einen schweren Tiger-Panzer losgeht, wird höchsten für Lackschäden sorgen.
Auf Wunsch kann auch die direkte Kontrolle über sämtliche Einheiten übernommen werden. So kann man über die WASD Tasten das Fahrzeug fahren, und mit der Maus die Kanonen steuern. Übrigens besitzen Panzer darüber hinaus auch noch mehrere Munitionstypen, die man auswählen kann.
Das Problem an all den vielen Optionen ist aber, dass man nur allzu schnell die Übersicht verliert und man wirklich ein Auge für alles haben kann. Deswegen ist das Spiel im Prinzip sehr fordernd. Wer aber Spaß am Simulationsaspekt hat und gerne taktische Gefecht erleben möchte, wird hier genau das richtige finden.
Missionen und Multiplayer
Wie auch in den Vorgängern verzichtet man in Men of War: Assault Squad 2 auf eine durchgehende Kampagne oder Story. Das Spiel bietet 40 Singleplayer Missionen, von denen allerdings nur 15 neu sind – die anderen kennt man bereits aus dem Vorgänger und wurden teilweise überarbeitet.
Bei den Missionen für den Singeplayer handelt es sich um lose aneinander Reihung von unterschiedlichen Schauplätzen, die nichts miteinander zu tun haben. Das fällt aber nicht wirklich ins Gewicht und man kann auch über die fehlende Story durchaus hinweg sehen.
Zur Auswahl stehen 5 unterschiedliche Nationen (Deutschland, USA, Commonwealth, Japan und Russland) mit einer Vielzahl an Einheiten. Neben den legendären Fahrzeugen wie dem Tiger oder den IS-Panzern finden sich auch noch diverse Infanterie Einheiten oder spezielle Einheiten wie der Golliath-Sprengpanzer der deutschen. Leute die das Setting mögen kommen hier also voll auf ihre Kosten.
Die Missionen laufen eigentlich immer nach dem selben Schema ab: Kontrollpunkte einnehmen und halten. Dies ist natürlich sehr anspruchsvoll und durch die unterschiedlichen Gegebenheiten der Karten muss man auch jedes mal neue Taktiken wählen, was auch durchaus sehr viel Spaß macht. Jedoch fehlt ein wenig die Abwechslung in den Missionen selbst. Teilweise gibt es kleinere Nebenziele, wie beispielsweise das Reparieren eines besonders starken Panzers – unter Feindfeuer. Diese kleinen Nebenziele motivieren aber durchaus. An unterschiedlichen Schauplätzen mangelt es nicht: Europa, Afrika, Pazifik – überall wo der zweite Weltkrieg wütete kann man auch in Men of War: Assault Squad 2 zu Werke gehen.
Es gibt aber auch Missionen, die sehr stark an die alten Commandos Titel erinnern. Statt mit geballter Macht und vielen Einheiten über die Karte zu wüten, muss man hier mit einer handvoll Einheiten schleichend und vorsichtig nach und nach vorrücken und beispielsweise gegnerische MG-Nester und Offiziere auszuschalten. Etwas mehr Abwechslung hätte den Missionen gut getan, aber der Spielspaß entsteht tatsächlich durch die unterschiedlichen Möglichkeiten, die die Karten bieten.
In Sachen Multiplayer gibt es kaum Neuerungen, das meiste ist bereits bekannt. Wer möchte kann sämtliche Skirmish Missionen aus dem Singeplayer kooperativ mit anderen Spielen absolvieren oder tritt gegeneinander an. Hier können teilweise bis zu 16 Spieler (8 gegen8) auf 65 Karten miteinander spielen, was allerdings nur die wenigsten Rechner überhaupt mitmachen von der Leistung her. Neben dem bekannten Siegmarken Prinzip gibt es außerdem noch den Spielmodus Frontlines. Bei Frontlines übernimmt ein Team die Verteidigung, während das andere Team angreifen muss. Das Spiel ist mittlerweile an das Steam-Matchmaking System angebunden, was die Suche nach Partien deutlich vereinfacht.
Leider gibt es dennoch etwas, was man deutlich beanstanden muss im Mulitplayer: Hat man genügend Manpower (Ressourcen) gesammelt, kann man diese gegen neue Einheiten eintauschen. Kommen diese auf dem Schlachtfeld an, erhält man zwar brav die Rückmeldung „Verstärkung eintgetroffen“, aber spielt mit im Team erhält der Spieler mit den wenigsten Einheiten die gerufene Verstärkung. Zwar kann man die Einheit an einen anderen Spieler übergeben, aber der Sinn hinter dieser Regelung entzieht sich mir.
Im großen und ganzen ist der Mulitplayer okay und die Einbindung des Steam Matchmaking tut dem Spiel sehr gut. Wer Missionen absolviert steigt im Rang der jeweiligen Nation auf und erhält nach und nach Zugang zu fortschrittlicheren Einheiten – begründet wird dies durch den Entwickler damit, dass man zuerst Erfahrung sammeln muss, bevor man die schweren Geschütze auffahren kann.
Fazit
Men of War: Assault Squad 2 nimmt unter den Echtzeit-Strategie Titeln eine besondere Rolle ein und besetzt seine eigene Nische. Wer nur mal eben schnell eine Runde spielen möchte, ohne auf viele Dinge achten zu müssen ist bei der Konkurrenz besser bedient, das das Spiel mit seinen Realismus und Simulationsaspekten fordernd und knallhart sein kann. Hobby Generäle werden hier wohl schnell an ihre Grenzen kommen.
Ich hatte viele Stunden Spaß mit dem Spiel und erfreute mich über jede geglückte Aktion. Den Gegner flankieren, ohne das der halbe Trupp stirbt? Mit Mörsern eine Bresche für meinen Vormarsch schlagen? Einen feindlichen, zerstörten Panzer reparieren und kapern? Oder einfach nur die Steuerung über einen Panzer nehmen und damit gezielt den Feind bearbeiten. Alles das macht einen riesen Spaß, wenn man denn mit dem Mikro-Management und dem fehlendem Komfort klar kommt. Drückt man ein wenig die Augen zu an manchen Stellen, ist Men of War: Assault Squad 2 ein sehr gutes Spiel.
Da das Spiel Mods unterstützt wird auch Langzeitmotivation geboten und auch die Entwickler werkeln fleißig an Updates. Man mag dem Spiel zwar vorhalten, dass es kaum Neuerungen gibt, aber die Details überzeugen.
Wer Echtzeit-Strategie mit viel Tiefgang und Taktik sucht wird mit Men of War: Assault Squad 2 glücklich werden, jedoch sollte man sich auf einen zähen Einstieg vorbereiten. Alle anderen sollten besser zu Starcraft II oder Company of Heroes 2 greifen. Auch für Besitzer von Men of War: Assault Squad oder Men of War könnte sich der Kauf lohnen. Zwar sind es nur kleinere Verbesserungen stellenweise, aber diese haben große Auswirkung und auch die Performance ist viel besser.
Men of War: Assault Squad ist packend, fordernd und ein Fest für Taktiker. Vollgepackt mit Features, die man allerdings selbst entdecken muss.